In Resonanz
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                                  Ich stelle selbst auf

Ich stelle selbst auf

Wie Sie Ihre Selbstheilungskräfte durch Freies Aufstellen aktivieren

von Olaf Jacobsen

Logo Freie Systemische Aufstellungen

Inhaltsverzeichnis

Leseprobe


Resonanz-Gefühle im Alltag

Haben Sie eine verständnisvolle Partnerin? Oder haben Sie Arbeitskolleg*innen oder Freund*innen, denen Sie vertrauen? Dann können Sie sich gegenseitig zur Verfügung stehen und frei aufstellen.
Mithilfe von resonierenden Empfindungen geben Sie sich unerwartete, spannende, interessante Impulse. Sie lösen Probleme oder entwickeln kreativ Projekte weiter. Sie helfen sich beim Treffen von Entscheidungen, beim Erreichen von Zielen und Sie aktivieren Ihre Selbstheilungskräfte. Auch Konflikte in Partnerschaften, Familien und in Firmen können mit dieser Methode geebnet werden. Stellen Sie einfach den Konflikt gemeinsam frei auf und beobachten Sie, was passiert.

Die von Olaf Jacobsen begründeten Freien Systemischen Aufstellungen sind von keinem therapeutischen Rahmen und keinem Beratungssetting abhängig. Sie können von jedem Menschen selbstständig angewendet werden. Auch alleine kann man das Freie Aufstellen mithilfe von Fühlfeldern und Figuren einsetzen.

Dieses Buch ist die Fortsetzung zum Grundlagenbuch des Freien Aufstellens „Freie Systemaufstellung: Das fühlt sich richtig gut an!“.
Aus der Perspektive einer aufstellenden Person kann bis in jede Einzelheit hinein nachvollzogen werden, wie eine Freie Aufstellung mithilfe einer Gruppe optimal genutzt wird. Außerdem beschreibt Olaf Jacobsen weitere Techniken und Erkenntnisse, z. B. wie Sie die Resonanzphänomene der Freien Systemischen Aufstellungen auf alle Bereiche Ihres Alltags erfolgreich übertragen werden.


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Inhaltsverzeichnis:

Vorwort zur 2. Fassung

In Resonanz

I Freie Systemische Aufstellungen – die Essenz
Was ist freies Aufstellen im Vergleich zum therapeutisch begleiteten Aufstellen?
Was ist der Unterschied zwischen „Freies Familienstellen“ und „Freie Systemische Aufstellungen“?
Was bringt eine Aufstellung?
Wie stelle ich selbst auf?
Die Regeln der Freien Systemischen Aufstellungen
Muss ich als Organisator eine Ausbildung haben?
Andere Aufstellungsmöglichkeiten

II Wie kann ich mit meiner eigenen Aufstellung umgehen?
Der Anfänger
Verdeckt oder offen?
Die Gruppenaktivität
Das Thema
Die Stellvertreter
Das Aufstellen
Das Andocken
Wozu das alles?
Jeder darf fragen
Die Anrede
Das Deuten
Natürliche Impulse
Eine Lösung
Das Drängeln von Teilnehmern
Die Stimmigkeit
Das Zerreden von Wirkungen
Mit dem Ergebnis umgehen

Übertragungen auf den Alltag
Ressource Intuition
Rollenprojektion
Rollen ablegen
Rollen entlassen
Verständnis
Öffnung
Grenzen anderer
Eigene Grenzen
Lehrer dienen dir
Grenzen kommunizieren
Indiskretion
Ebenbürtige Kritik
Andocken
Relative Wahrheiten
Lösungsdefinition
Stärkendes Hinterfragen

III Wie kann ich bei einer fremden Aufstellung mitwirken und dazulernen?
Das Auslosen
Die Stellvertreterrolle
Der Ideal-Partner
Das lösende Element
Das Personifizieren
In Gefühlen stecken bleiben

Übertragungen auf den Alltag
Zufall?
Gefühle „sind“
Vorbei
Gefühlsbotschaften
Perspektivenwechsel
Ideal-Person
Ideal-Partnerschaft
Tränen
Lösende Projektion
Unterscheidung
Zwei Fragen
Wahl

IV Wie stelle ich als Fortgeschrittener auf?
Fünfzig Minuten
Frei experimentieren
Der Schlüssel für die Freien Systemischen Aufstellungen
Aktivierung der Selbstheilungskräfte
Die Lösung
Die Suche
Deine innere Haltung
Eine oft anwendbare Aufstellungsmöglichkeit
Einige Werkzeuge
Mögliche Rangfolgen
Ohne Ziel aufstellen
Spiegelnde Dynamik in der beobachtenden Gruppe
Die Achtung in der Nicht-Achtung
Das Aufstellen von nicht anwesenden Personen

Übertragungen auf den Alltag
Zeitliche Begrenzung
Zweifel
Öffnung
Eigenverantwortung
Unpassende Schuhgröße
Besserwisser
Schlüsselfrage
Gehirnkartenaktualisierung
Gefühlsverschiebungen
Suche
Rangfolgen
Ohne Ziel
Lösungsideen außerhalb der Problemschwingung
Achtsame Verachtung
Spiegel
Phänomen Goldmarie / Pechmarie

Zu zweit aufstellen

Allein aufstellen

Abschied

Über den Autor

 

 

Entscheidende Textausschnitte:

Vorwort zur 2. Fassung

Im Jahr 2011 schrieb ich die erste Fassung dieses Buches, veröffentlichte es zunächst im Olaf Jacobsen Verlag und bot es ein paar Monate später dem Kamphausen Verlag zur Veröffentlichung an. Der Verlag gab mir den Hinweis, dass dieses Buch für Neueinsteiger zu speziell sei und nicht die „breite Masse“ erreichen würde.
Mithilfe der Lektorin Stephanie Ehrenschwendner erstellte ich ein neues Konzept und schrieb ein Grundlagenbuch über das Freie Aufstellen für Menschen ohne Vorkenntnisse. Unter dem Titel „Das fühlt sich richtig gut an! Gefühle erforschen, Klarheit gewinnen und den Alltag befreit leben“ wurde es im März 2012 vom Kamphausen Verlag veröffentlicht.
Anschließend nahm ich mir wieder das Ihnen hier vorliegende Handbuch „Ich stelle selbst auf“ vor und überarbeitete es so, dass es für Fortgeschrittene als Fortsetzung zu „Das fühlt sich richtig gut an!“ als auch zu „Das freie Aufstellen“ gelesen werden kann. Es baut die Grundlagen aus, vervollständigt die Informationen und Möglichkeiten der Freien Systemischen Aufstellungen und bietet viele neue Ideen, Impulse und Erfahrungen sowohl aus meiner Arbeit als auch aus der Arbeit vieler anderer Menschen, die sich mit dem Freien Aufstellen auseinandersetzen. Auf diese Weise können sich all diejenigen mithilfe dieses Buches weiterbilden, die Aufstellungen bereits kennengelernt oder schon etwas über das Aufstellen gelesen haben.

Olaf Jacobsen                        Köln, im März 2012

 

In Resonanz

Die beiden schauen sich tief in die Augen. Ungefähr drei große Schritte trennen sie voneinander. Der eine hat einen schwarzen Taucheranzug an, der andere eine weiße Weste und eine Jeans. Der Taucher steht barfuß. Man sieht, wie seine hellen Füße fest auf dem Boden stehen. Der Mann mit der weißen Weste trägt elegante schwarze Schuhe. Beide fühlen sich gut während sie sich anschauen.
In einer gewissen Entfernung zu den beiden Männern beobachten ein Mann und eine Frau nebeneinander stehend, was die Männer wohl tun werden. Sie sind interessiert, fühlen sich innerlich ausgeglichen und warten ab.
Auf einmal kommt eine sehr große Indianerbüste eines Häuptlings mit großem Federschmuck auf dem Kopf und stellt sich so dazwischen, dass dem Paar (Mann und Frau) die Sicht auf die Männer versperrt wird. Die Indianerbüste schaut in die Richtung der beiden Männer und dreht damit dem Mann und der Frau den (nicht vorhandenen) Rücken zu, besser: den Hinterkopf.
Als ich den Taucher anfasse, merke ich, wie ich ihn jetzt näher an den Mann mit der weißen Weste stellen möchte. Die Anwesenheit der Indianerbüste hat es irgendwie möglich gemacht. Nun stehen sich die beiden Männer ganz dicht gegenüber. Wenn einer den Arm ausstreckt, kann er den anderen berühren.
Der Taucher freut sich, dem Mann mit der weißen Weste begegnen zu dürfen. Es ist eine tief erfüllte Freude. Der Mann mit der weißen Weste wirkt ausgeglichen und irgendwie neutral – er steht einfach nur zur Verfügung. Doch dies können die hinter der Indianerbüste stehenden zwei Personen – der Mann und die Frau – jetzt nicht mehr sehen.
Als ich die Büste noch einmal berühre, habe ich das Gefühl, dass sie genau weiß, was sie tut und warum sie sich hier dazwischen gestellt hat und dem Paar die Aussicht auf die Männer verwehrt. Gleichzeitig ist das Paar hinter der Büste sehr neugierig geworden, was sich wohl bei den zwei Männern abspielen könnte.
Über diese Neugierde bin ich positiv überrascht, denn zuerst dachte ich, dass das Paar entweder wütend auf die Indianerbüste wäre oder sich uninteressiert abwenden würde. Nein – die beiden fühlen sich sehr neugierig und nähern sich der Büste sogar einen kleinen Schritt.

Draußen wird es hell. Es ist Sonntagmorgen. Ich liege noch im Bett und denke über dieses Buch und das Freie Aufstellen nach. Die Indianerbüste ist fast so groß wie meine Hand und steht immer auf meinem Nachttisch. Sie ist etwas größer als die vier Playmobil-Figuren, die ich aus meinem Arbeitszimmer geholt habe.
Während ich die Figuren auf meinem Nachttisch nach Gefühl aufstelle, schreibe ich gleichzeitig auf, was ich in diese Figuren spontan hineinprojiziere. Im Moment geht es nicht weiter. Es verändert sich nichts. Der Taucher ist tief davon erfüllt, dem Mann mit der weißen Weste zu begegnen. Der wiederum steht neutral einfach zur Verfügung. Die Indianerbüste steht genau zwischen den beiden Männern und den beiden neugierigen Beobachtern, mit einer irgendwie überlegenen und wohlwollenden Klarheit. Und die beiden Beobachter – der Mann und die Frau – warten gespannt, was passieren wird.
Es ist auch nicht nötig, dass sich diese kleine Aufstellung weiterentwickelt, denn ich habe bereits meine Antwort: Ich weiß nun, dass ich Ihnen, liebe Leserin und lieber Leser, jetzt noch nicht verrate, wofür diese Figuren stehen.

Was mache ich hier? Ich spiele mit Figuren, wie ich es aus meiner Kindheit kenne. Der Unterschied zu damals ist: Ich verbinde dieses Figurenspiel heute mit konkreten ernsthaften Fragen, die mich gerade beschäftigen, und erhalte dadurch neue Antworten.
Wie kommt es, dass mir ein einfaches Spiel mit Figuren hilft, Probleme selbstständig zu lösen?
Und was hat das alles mit „Resonanz“ zu tun?

Manche Menschen fragen, was „Resonanz“ eigentlich bedeutet. Das Wort „resonare“ (lat.) wird übersetzt mit „widerhallen / widerklingen“. Wenn ich bei einem Klavier das rechte Pedal runterdrücke, bewegen sich in dem Moment die Dämpfer von den Saiten weg. Nun können alle Saiten frei schwingen. Singe ich einen lauten Ton, dann höre ich anschließend genau diesen Ton aus dem Klavier widerhallen. Die Saiten des Klaviers schwingen in „Resonanz“ zu meinem gesungenen Ton.
Wissenschaftler haben im Gehirn einen Bereich entdeckt, in dem sie Spiegelneurone vermuten. Diese Gehirnzellen sind aktiv, während wir die Handlung eines anderen Menschen beobachten. Normalerweise feuern diese Neurone, wenn wir selbst eine Handlung ausführen und uns zum Beispiel am Kopf kratzen. Doch wenn wir nur beobachten, wie ein anderer Mensch sich am Kopf kratzt, schwingen unsere Neurone ebenso mit. Wir vollziehen die beobachtete Handlung innerlich nach – wir befinden uns in „Resonanz“ zum beobachteten Menschen und kratzen uns ebenso am Kopf, aber nur innerhalb unseres Gehirns, ohne es äußerlich zu tun. Hier wird von den Wissenschaftlern ebenso der Begriff „Resonanz“ eingesetzt. Wir sind mit Hilfe unserer Spiegelneuronen in Resonanz zu der im Außen beobachteten Handlung eines anderen Menschen (deshalb ist Gähnen oft ansteckend). Gleiches zieht Gleiches an.
Bei Familienaufstellungen erleben wir ebenso eine seltsame Resonanz: Stellvertreter aus einer Gruppe stehen in einer Art Rollenspiel für fremde Personen „zur Verfügung“ und beginnen in ihren Rollen, die Gefühle der Personen zu spüren, die sie repräsentieren. Dieses Phänomen kann man sich kaum vorstellen, man muss es selbst erlebt haben – und kann es sich dann nur mit der Sichtweise erklären, dass die Stellvertreter irgendwie mit den realen Personen „in Resonanz“ zu schwingen scheinen.
Ich frage mich nun: Wenn ich mit Figuren spiele und dabei in meiner Intuition eine Antwort auf eine Frage finde, mit wem oder womit bin ich da in Resonanz? Stelle ich eine Resonanz zu mir selbst her? Zu der Weisheit meines Unbewussten? Oder zu etwas Übergeordnetem, was Menschen als „Überbewusstsein“, „Höheres Selbst“, „Universum“ oder auch „Gott“ bezeichnen?
Die Sichtweise, dass alles mit allem auf irgendeine Weise verbunden ist, stellt für mich die einzig mögliche Erklärung dar. Die verblüffende Weisheit unserer Gefühle, unserer Intuitionen und Bauchgefühle kann ich nur einordnen, wenn ich mir vorstelle, wie alles auf einer bestimmten Ebene miteinander kommuniziert – mithilfe von Schwingungen. Alles schwingt. Und wenn ich eine Frage an das schwingende Universum abschicke, erhalte ich oft über meine Intuition darauf eine Antwort, die mir weiterhilft.
Wir wissen nicht, ob es wirklich so ist – aber es wäre vorstellbar, in unserer Fantasie.

Steffen erzählt seiner Frau Anna, dass er sich entschieden hat, seine Arbeitsstelle zu kündigen und sich einen neuen Job zu suchen. Anna ist entsetzt und versteht die Welt nicht mehr. Schließlich verdient er sehr gut und hat kaum Probleme bei der Arbeit. Alle Argumente, die Steffen anführt, können Anna nicht überzeugen. Es herrscht eine Spannung zwischen beiden. Und so schlägt Steffen vor, zusammen mit Anna eine verdeckte Aufstellung zu machen. Er holt aus seinem Arbeitszimmer ein paar Blätter Papier und einen Bleistift und sie gehen ins Wohnzimmer. Steffen schreibt auf das erste Blatt einen Begriff, dreht das Blatt um, so dass Anna nicht lesen kann, was darauf steht (Schrift befindet sich nun auf der Unterseite) und drückt ihr das Blatt in die Hand.
„Such´ bitte mal für dieses Blatt einen Platz im Raum. Wo würdest du es deinem Gefühl nach hinlegen?“
Anna hält kurz inne, geht dann Richtung Fenster und legt das Blatt davor. Steffen fragt: „Wenn du dich auf dieses Blatt draufstellen würdest, in welche Richtung würdest du schauen und wie würdest du dich fühlen?“
Sie stellt sich drauf, schaut dabei aus dem Fenster und sagt nach einem kurzen Moment des Einfühlens:
„Irgendwie zieht es mich nach draußen, in die Ferne. Ich will hier weg.“
Steffen beschriftet das nächste Blatt, dreht es um und gibt es Anna.
„Und wo würdest du das hinlegen?“
Anna nimmt das zweite Blatt entgegen, zögert kurz, und legt es dann in zwei Meter Entfernung hinter das erste Blatt (1). Sie stellt sich drauf und schaut 1 von hinten an.
„Ich fühle mich mit 1 sehr verbunden und finde es schade, dass 1 aus dem Fenster schaut. Ich kann aber auch nicht näher herangehen.“
Inzwischen beschriftet Steffen das dritte Blatt und drückt es Anna in die Hand. Sie legt es in einem gewissen Abstand rechts neben 1 und 2, so dass 3 von der Seite direkt zwischen 1 und 2 durchschaut. Die drei bilden jetzt ein Dreieck. Als Anna sich auf 3 stellt, sagt sie: „Hier fühle ich mich ganz neutral. Ich bin einfach da.“
„Und wenn du dich jetzt auf 2 stellst, ist dann irgendetwas anders?“ fragt Steffen.
Anna stellt sich auf das Blatt Nr. 2 und bestätigt:
„Ja, jetzt fühle ich mich nicht mehr so zu 1 hingezogen, sondern kann mich auch wegdrehen.“ Sie dreht sich ungefähr um 120 Grad nach rechts und schaut nun in eine völlig andere Richtung.
Nun nimmt Steffen ein viertes Blatt und beschriftet es.
„Schaust du mal, wo du die Nummer vier hinlegen würdest?“
Anna hat ein ganz klares Gefühl. Sie nimmt das vierte Blatt und legt es direkt ins Blickfeld von 2, so dass 2 nun genau auf 4 schaut. Die beiden stehen sich sehr dicht gegenüber.
„Wie fühlst du dich, wenn du dich auf 2 stellst?“
Anna stellt sich auf 2 und schaut 4 an.
„Gut. Sehr gut. Ich freue mich, dass 4 da ist. Im Grunde könnte ich 4 sogar umarmen.“
„Und wie geht es 4 damit?“
Anna wechselt den Platz und stellt sich auf 4: „Ja, auch sehr gut. Ich würde mich gerne von 2 umarmen lassen.“
„Und jetzt stelle dich noch einmal auf 1. Hat sich da inzwischen etwas verändert?“
Anna geht zum Fenster und fühlt sich auf Blatt 1 ein.
„Jetzt könnte ich sogar vollständig weggehen.“
Steffen atmet durch und ist erleichtert.
„Gut, danke! Im Grunde hast du hier unabsichtlich mein Gefühl bestätigt – und vielleicht kannst du mich jetzt auch besser verstehen. Ich sage dir mal, was ich auf die Zettel geschrieben habe. Auf dem Blatt 1 steht ‚meine alte Firma’.“
Anna geht hin, dreht das Blatt um und liest: meine alte Firma.
Steffen deckt weiter auf: „2 bin ich selbst, 3 ist ein lösendes Ele-ment und 4 ist ein neuer Arbeitsplatz bei einer neuen Firma.“
Anna ist nachdenklich. „Ja, stimmt, auf deinem Platz (2) habe ich mich zwar zunächst zu der alten Firma (1) hingezogen gefühlt, war aber unzufrieden, und als das lösende Element (3) dazu kam, konnte ich mich wegdrehen. Und der Kontakt mit einer neuen Arbeitsstelle (4) fühlt sich tatsächlich viel besser an. Ich kann jetzt nachfühlen, dass du kündigen möchtest. Aber warum ist das eigentlich so?!“
„Ich kann es nicht genau sagen“, antwortet Steffen, „aber ich habe das Gefühl, als ob irgendetwas in meiner alten Firma passiert, was mich unwohl fühlen lässt. Und ich bin seltsamerweise sehr zuversichtlich, recht schnell einen neuen Arbeitsplatz bei einer anderen Firma finden zu können.“
Genauer lässt sich im Moment die Situation nicht analysieren,  aber auf der Gefühlsebene kann Anna nun besser nachvollziehen, dass Steffen sich für die Kündigung entschieden hat.
Die Geschehnisse nehmen ihren Lauf, Steffen kündigt und findet bei einer anderen Firma sehr schnell einen neuen und sogar besser bezahlten Arbeitsplatz, weil „zufällig“ kurz vor seiner Bewerbung dieser Platz freigeworden war. Drei Monate später meldet seine alte Firma Insolvenz an. Hätte Steffen erst drei Monate später nach einem neuen Arbeitsplatz gesucht, wäre der Arbeitsplatz bei der neuen Firma inzwischen schon wieder besetzt gewesen. Sein Gefühl hatte ihn genau passend geführt – und die Dynamik war in der Aufstellung in den Gefühlen von Anna ebenso ablesbar.

Wir können eine verdeckte Aufstellung zu zweit dazu nutzen, um eigene Gefühle besser zu verstehen, sie zu bestätigen, vielleicht auch zu widerlegen oder vollkommen neue Ideen zum Thema zu erhalten. Wir können sie aber auch nutzen, um in einem Konflikt mehr Verständnis füreinander zu erreichen. Wir können mithilfe unserer Resonanz-Gefühle den anderen besser nachvollziehen lernen und auf diese Weise Spannungen und unerfüllte Bedürfnisse nach Verständnis erlösen.

Ein Klient kommt zu mir in die Einzelberatung. Er weiß nicht, was er als nächstes tun soll, und hat das Problem, sich zwischen sieben verschiedenen Möglichkeiten entscheiden zu müssen. Mein Bestreben ist es, ihm bestimmte Fragen zu stellen und neue Sichtweisen anzubieten, wodurch es ihm möglicherweise leichter fallen könnte, sich zu entscheiden. Nach einigen Fehlversuchen von meiner Seite (er konnte sich immer noch nicht entscheiden) kam von ihm die Bitte, dass ich mich doch einmal in die Möglichkeiten einfühlen und für ihn entscheiden solle.
Ich legte ein weißes Blatt Papier in die Mitte des Raumes. Dieses Papier sollte den Klienten darstellen. Dann legte ich sieben verschiedenfarbige Kissen dem Blatt gegenüber in eine Reihe. Der Klient teilte mir mit, welches Kissen seiner Definition nach für welche Möglichkeit stand. Wir hatten vorher schon über den Inhalt der verschiedenen Möglichkeiten geredet, so dass ich wusste, worum es ging. Nun stellte ich mich auf das weiße Blatt Papier und schaute von dort auf die Kissen. Ich versuchte zu erfühlen, welches Kissen mich am meisten ansprach und welches weniger – und so stellte ich eine Rangfolge her:
Möglichkeit 3 war für mich sehr attraktiv und ich stellte sie an die erste Stelle.
Möglichkeit 1 machte mich auch sehr neugierig, aber nicht so stark, wie Möglichkeit 3.
Dann war noch Möglichkeit 4 annehmbar, und die übrigen vier Möglichkeiten interessierten mich kaum. Die Rangfolge war zunächst Möglichkeit 2, dann 7 und 6 und am unangenehmsten erschien mir die 5.
Mein Klient bestätigte ein wenig meine Rangfolge. Ihm würde es ähnlich gehen, aber er zweifelte immer noch. Da kam ich auf die Idee, es noch einmal anders zu versuchen. Weil wir offen über alles geredet hatten und ich immer wusste, welches Kissen für welche Möglichkeit stand, konnte es sein, dass mein Bewusstsein und meine persönlichen Ansichten mein Gefühl beeinflusst hatten. Also schlug ich vor, die sieben Möglichkeiten auf sieben weiße DinA4-Blätter zu schreiben, sie umzudrehen, so dass die Beschriftung nicht erkennbar war, die Blätter zu mischen und anschließend auf dem Boden auszulegen – ohne zu wissen, auf welchem Blatt welche Möglichkeit stand.
Gesagt – getan. Nachdem die weißen Blätter verteilt waren, stellte ich mich wieder auf das Blatt des Klienten und schaute die anderen Blätter an. Doch es fiel mir schwer, ein Gefühl dazu zu bekommen. Also entschied ich mich, ein wenig anders vorzugehen und mich auf die anderen Blätter zu stellen. Vielleicht konnte ich dadurch erspüren, in welcher Beziehung die sieben Möglichkeiten zum Klienten standen.
Und tatsächlich: Auf dem ersten Blatt hatte ich das Gefühl, mich vom Klienten zurückzuziehen. Auf dem nächsten Blatt schaute ich von dort intensiv auf das Klienten-Blatt und fühlte mich tief damit verbunden. Ein weiteres Blatt vermittelte mir das Gefühl, mit einem weiten Blick in die Runde zu schauen etc.
Aufgrund dieser Gefühle und dem Maßstab: „Welche Möglichkeit fühlt sich mit dem Klienten am stärksten verbunden und welche am wenigsten?“ stellte ich erneut eine Rangfolge her und teilte dem Klienten mit, welcher Zettel die stärkste Verbindung und welcher die geringste zum Klienten-Blatt in mir hervorrief. Als wir anschließend die Blätter umdrehten, um nachzulesen, welche Möglichkeit auf dem jeweiligen Blatt stand, stellt sich heraus, dass sich genau die gleiche Rangfolge ergeben hatte:
Möglichkeit 3 war am intensivsten mit dem Klienten-Blatt verbunden, dann kam 1, 4, 2, 7, 6 und ganz am Schluss die Möglichkeit 5, die sich lieber vom Klienten-Blatt zurückziehen wollte.
Gänsehaut! Wie ein Siebener im Lotto! (Ich habe schon öfter versucht, die Lottozahlen vorauszuspüren: klappt aber nicht…)
Anschließend fiel ihm seine Entscheidung wesentlich leichter und er ging mit entspanntem Gefühl aus der Beratungssitzung.
Ich bin davon überzeugt, dass z. B. für solche Entscheidungsfindungen nicht immer professionelle Berater in Anspruch genommen werden müssen. Es besteht auch die Möglichkeit, ein Familienmitglied oder einen Freund zu bitten, sich einmal in unterschiedliche Positionen einzufühlen und ein Feedback zu geben.
Genau dafür schreibe ich Bücher über das Freie Aufstellen, um das Phänomen des Aufstellens für jeden Menschen frei zugänglich zu machen, der daran Interesse hat.

In den letzten Jahren boomen Bücher und Filme über das „Gesetz der Anziehung“, über das „Gesetz der Resonanz“, über die Möglichkeiten, durch die „Kraft der Gedanken“ sich Wünsche im Alltag zu erfüllen. Gleichzeitig spalten sich die Menschen in diejenigen, die durch das Gesetz der Resonanz wundervolle Erfahrungen in ihrem Leben machen dürfen, und diejenigen, die das alles als „Fantasiewelten“ abtun.
Die Hauptursache dieser Spaltung ist: Wer es nicht konkret am eigenen Leib erfahren hat, kann es sich einfach nicht vorstellen. Und wenn man ohne Erfahrungen urteilt, entsteht ein Vorurteil.
Doch es gibt eine wundervolle Möglichkeit, Resonanz und das „Gesetz der Anziehung“ konkret zu erfahren – am eigenen Leib, im eigenen Gefühl: Bei den Freien Systemischen Aufstellungen machen immer mehr Menschen die praktische Erfahrung, wie es ist, als Stellvertreter mit dem Schicksal eines anderen Menschen in Resonanz zu schwingen. Man fühlt dabei, wie man irgendwie von „fremden Gefühlen“ ergriffen wird.
Außerdem kann man öfter erleben, wie eine Aufstellung im Nachhinein wie durch Geisterhand auf unser Umfeld zu wirken scheint oder im Umfeld vorhandene Dynamiken bestätigt und teilweise voraussagt.
Alles nur Einbildung? Testen Sie es selbst – und sammeln Sie konkrete Erfahrungen damit.
 
Ich habe das damals übliche Familienstellen durch die Leitung von Bert Hellinger im Jahr 1997 live kennenlernen dürfen und habe sofort gedacht: „Das geht doch auch anders.“
Ich hatte das Gefühl, dass das Aufstellungsphänomen für alle Menschen nutzbar ist, die es nutzen wollen, und dass es nicht unbedingt von einem therapeutischen Rahmen abhängen muss. Ein therapeutischer Rahmen kann sehr unterstützend sein, ist aber keine Voraussetzung für das Aufstellen. Dieser Gedanke brauchte einige Jahre, um vollständig auszureifen. Dann begründete ich Anfang des Jahres 2003 das „Freie Familienstellen“ oder auch die „Freien Systemischen Aufstellungen“.
Bis heute erlebe ich es immer wieder: Es funktioniert wundervoll!
Auch hier gilt: Wer es nicht erfahren hat, kann es sich nicht wirklich vorstellen – und entwickelt Vorurteile.
Manche Menschen reagieren misstrauisch und kritisch, wenn sie vom Freien Aufstellen hören. Sie befürchten, dass eine Gefahr besteht oder man dadurch in eine Krise gestürzt werden könnte. Deshalb behaupten sie, dass das Familienstellen in erfahrene therapeutische Hände gehört.
Diese Einwände erlebe ich nur von Leuten, die das Freie Aufstellen nicht wirklich kennen und sich eine eigene Vorstellung davon machen, die ihren Befürchtungen entspricht. Dabei fehlt ihnen die entsprechende Erfahrung.
Ich kann nach neun Jahren Freies Aufstellen und über tausend Aufstellungen mitteilen: Die Weste des Freien Aufstellens ist weißer, als viele vermuten.
Das Freie Aufstellen ist eine Möglichkeit, spielerisch und experimentell Resonanzphänomene zu erforschen und neue Erfahrungen zu sammeln. Wir können mithilfe unseres Gefühls unseren Verstand allmählich an die Existenz von weitgreifenden Resonanzen gewöhnen, unser Blickfeld und Gefühlsfeld erweitern und auf unseren Alltag übertragen. Letztendlich öffnen sich unsere Augen dafür, wie in unserem Leben alles miteinander verwoben ist, in Resonanz aufeinander reagiert und was von uns selbst beeinflussbar ist und was nicht.
Wir stellen nicht mehr nur innerhalb von Gruppen oder anderen Aufstellungssettings auf, sondern wir erkennen: Alles, was uns im alltäglichen Leben begegnet und was wir selbst fühlen oder tun, kann auf einer bestimmten Ebene als „Teil von unabsichtlichen Aufstellungen“ erkannt werden.
Welche neuen Konsequenzen sich für uns und unseren Alltag aus dieser Resonanz-Sicht ergeben, entwickle ich Schritt für Schritt in diesem Buch. Zunächst beginne ich damit, Ihnen die Grundlagen des Freien Aufstellens vorzustellen.
Für diejenigen, die schon ein paar Erfahrungen im Familienstellen besitzen und „nur“ wissen wollen, wie das Freie Aufstellen funktioniert, ist die Essenz gleich am Anfang zusammengefasst – wie bei einem Zeitungsartikel, der das Wichtigste im ersten Abschnitt bringt und alle Ausführungen erst danach. Sollten Sie bereits meine Grundlagenbücher „Das freie Aufstellen“ oder „Das fühlt sich richtig gut an!“ gelesen haben, können Sie meine kurze Einführung als Erinnerung, Auffrischung und Vertiefung nutzen.
Indem Sie das Freie Aufstellen immer umfassender kennenlernen, erlernen Sie auch gleichzeitig die „Sprache der Resonanz“, die Sie auf Ihren Alltag übertragen können.
Damit Sie beim Lesen in die Atmosphäre vom Freien Aufstellen optimal eintauchen, beziehe ich Sie in diesem Buch als Leser auf eine ganz spezielle Weise mit ein. Sie werden sich fühlen, als wenn Sie leibhaftig beim Freien Aufstellen dabei wären und es „erfahren“. Sie stellen hier in diesem Buch sogar selbst auf. Zuerst mit meiner Unterstützung, später dann ganz selbstständig. Das unterstützt Ihren Lernprozess bereits beim Lesen.
Im Laufe des Buches werde ich immer ausführlicher und bildhafter. Schließlich finden Sie in den letzten Abschnitten viele Erkenntnisse und Erfahrungen, die Ihnen weiterhelfen können, wenn Sie beim Aufstellen oder im Alltag nicht mehr weiter wissen. Die meisten Fragen werden bis zum Ende des Buches geklärt werden.
Um sofort mit dem Freien Aufstellen beginnen zu können, ist es aber nicht notwendig, das Buch bis zum Ende gelesen zu haben. Sie müssen keine Perfektion erreicht haben, um in diese Methode eintauchen zu können. Es genügt, nur die Essenz auf den ersten Seiten zu lesen – und schon können Sie mit Experimenten und  Übertragungen auf Ihren Alltag beginnen.
Wer trotz alledem Schwierigkeiten haben sollte, dem Inhalt gut zu folgen, oder wer sich zunächst eine solide „Basis“ im Gefühl aufbauen möchte, dem empfehle ich als Einstieg in das Freie Aufstellen allein, zu zweit, im Freundeskreis und in Gruppen zunächst mein Buch „Das fühlt sich richtig gut an!“ zu lesen, um dann anschließend „Ich stelle selbst auf“ als Fortsetzung zu nutzen.

Ich freue mich aus ganzem Herzen, wenn die Methode des Freien Aufstellens schnell Verbreitung findet und Menschen durch diese Resonanz einen neuen Weg entdecken, sich gegenseitig zur Verfügung zu stehen, sich zu helfen und gemeinsam Konflikte auf eine ganz neue Weise eigenverantwortlich und selbstständig zu lösen.

Die Indianerbüste hat ihren Platz gewechselt. Sie ist um die beiden Männer herumgegangen und schaut nun von der gegenüberliegenden Seite mit einem gewissen Abstand und mit einem klaren und freundlichen Blick auf die beiden Männer. Wenn sie durch die Männer hindurchschaut, sieht sie in einiger Entfernung immer noch den Mann und die Frau stehen, die sich aber nun langsam zu bewegen beginnen. Sie kommen auf die Männer zu, neugierig und offen.
Der Taucher dreht sich zu den beiden Neuankömmlingen und hat damit den Mann mit der weißen Weste nun an seiner linken Seite stehen. Auch er dreht sich zum Mann und zur Frau hin. Und so stehen sich die beiden Paare gegenüber.
Der Taucher heißt den Mann und die Frau herzlich willkommen – nach wie vor mit einer tiefen inneren Freude. Der Mann mit der weißen Weste ist ganz offen und zu allem bereit. Der Mann und die Frau sind auch weiterhin neugierig und zusätzlich auch noch voller Freude.
Die Gruppe strotzt vor positiver Energie. Und hinter bzw. „über“ allen wacht klar, wissend und ausgeglichen die Indianerbüste mit dem prachtvollen Häuptlingsschmuck.

Für mich bedeutet die Weiterentwicklung dieser kleinen Aufstellung, dass ich Ihnen nun erzählen kann, was für Rollen ich den Figuren auf meinem Nachttisch gegeben habe:
Der Mann mit der weißen Weste hat die Bedeutung „Freie Systemische Aufstellungen“. Er repräsentiert die Methode, mit der Sie sich in diesem Buch intensiv auseinandersetzen werden. Der Taucher stellt mich dar. Und Sie, liebe Leserin und lieber Leser, werden durch die beiden Zuschauer vertreten, die Frau und den Mann. Letztendlich habe ich die Indianerbüste als ein „lösendes Element“ dazugestellt, um das „weise Universum“ anzuzapfen und zu schauen, in welche Richtung sich diese Aufstellung bewegen wird, wenn etwas Lösendes die Gruppe beeinflusst.
Ich freue mich, dass Sie, liebe Leserin und lieber Leser, sich für die Freien Systemischen Aufstellungen und die dazugehörigen Resonanzphänomene interessieren, begrüße Sie hier ganz herzlich und freue mich auch, Ihnen im Folgenden mein Freies Aufstellen vorstellen zu dürfen – eine Methode, die uns immer offen zur Verfügung steht und bei der jeder frei entscheiden kann, wie er damit umgehen und sie in seinen Alltag integrieren möchte. Diese Methode ist zu allem bereit. Und je länger wir uns mit ihr auseinandersetzen, desto klarer können wir erkennen, wie „das weise Universum“ oder unser „weises Unbewusstes“ auf irgendeine unerklärliche Weise über uns wacht …

 

Freie Systemische Aufstellungen

Die Essenz

Was ist Freies Aufstellen im Vergleich zum
therapeutisch begleiteten Aufstellen?

Wer das therapeutisch begleitete Familienstellen kennt, wird den Unterschied sofort erkennen: Derjenige Teilnehmer, der mithilfe von Stellvertretern eine Aufstellung durchführt, darf beim Freien Aufstellen frei und ganz eigenverantwortlich darüber bestimmen, in welcher Form seine Aufstellung verlaufen soll. Es gibt keinen Aufstellungsleiter, der Vorgaben macht. Der Teilnehmer darf frei mit seiner Aufstellung umgehen, sie erforschen, experimentieren und einfach seiner Neugierde folgen, ohne dass ihm jemand begrenzende Anweisungen dazu gibt oder sein Tun bewertet. Und er darf auch frei für sich entscheiden, was er für Erkenntnisse aus der Aufstellung gewinnt, ohne dabei die Deutungen und Behauptungen anderer ungeprüft zu übernehmen.
Das Freie Aufstellen ist eine sehr gute Möglichkeit, Eigenverantwortung zu üben und sich außerhalb eines therapeutischen Rahmens mit Alltagsproblemen oder auch bestimmten Fragestellungen gezielt auseinanderzusetzen – nicht nur innerhalb einer Gruppe, sondern ebenso zu zweit (man stellt sich gegenseitig in Resonanz zur Verfügung) oder sogar mit sich alleine, z. B. im freien intuitiven Spiel mit Figuren oder Bodenankern (Zettel, Fühlfelder etc.).
Das ist der essenzielle Unterschied.

 

Was ist der Unterschied zwischen „Freies Familienstellen“
und „Freie Systemische Aufstellungen“?

Im Grunde sind das, was ich in diesem Buch beschreibe, die Freien Systemischen Aufstellungen. Ich habe den Begriff „Freies Familienstellen“ zusätzlich gewählt, weil viele Menschen mit dem Wort „Familienstellen“ mehr verbinden als mit „Systemische Aufstellung“. Man weiß eher, was hier gemeint ist.
Schauen wir die Begriffe genau an:
„Familienstellen“ bezieht sich darauf, dass Themen aus der eigenen Familie aufgestellt werden.
Der Begriff „Systemische Aufstellung“ ist umfassender. Er integriert zusätzlich zu den Familienthemen noch alles andere, was man aufstellen könnte, wie z. B. Probleme in der Schule oder im Job, Schwierigkeiten mit dem eigenen Körper, seelische Schmerzen, psychische Phänomene, Auseinandersetzungen mit Freunden, Stress unter Mitarbeitern in der Firma, Entscheidungsfragen, Krankheiten usw. Der Themenkreis ist unbegrenzt. In den Freien Systemischen Aufstellungen können Sie alles aufstellen, was Ihnen Ihre Fantasie anbietet.
Der Begriff „System“ wird im Bereich der Therapie oder Beratung für ein Familiensystem, ein Firmensystem, ein Körpersystem etc. verwendet. Ich jedoch setze den Begriff „System“ in seiner ursprünglichen Bedeutung ein, d. h. sehr weiträumig. Jeden „Ausschnitt“, den Sie aus Ihrer Fantasie wählen, kann man als ein „System“ definieren. Jede beliebige Zusammenstellung von Personen, Aspekten, Teilen und Elementen für eine Aufstellung stellt ein System dar. Deshalb der Zusatz: „Systemische Aufstellungen“.
Im Grunde könnten wir aber diesen Zusatz auch weglassen und landen dann bei der Bezeichnung „Freies Aufstellen“. Gemeint ist bei allen Begriffen (Freies Familienstellen, Freie Systemische Aufstellungen, Freies Aufstellen) immer das gleiche: eine Gruppenveranstaltung, bei der die Teilnehmer frei über ihre eigene Aufstellung verfügen dürfen.

 

Was bringt eine Aufstellung?

In Aufstellungen können Sie ganz konkret das „Gesetz der Resonanz“ erfahren und kennenlernen. Sie können eine Aufstellung dazu nutzen, individuelle Lösungen für Ihre Probleme zu finden und Ihre Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Das Freie Aufstellen kann Ihnen helfen, Ihre (manchmal schmerzhaft) festgeschriebenen Gehirnkarten so weiterzuentwickeln, dass bestimmte seelische oder körperliche Phantomschmerzen verschwinden und Sie sich grundsätzlich besser fühlen (zum Thema „Gehirnkarten“ und „seelische Phantomschmerzen“ siehe Seite 195ff. und S. 231f.).
Des Weiteren erfahren Sie durch die lösungsorientierten Aufstellungen eine tiefe Unterstützung zur intensiven Selbsterfahrung und persönlichen Weiterentwicklung.

Probleme sind vielfältig – und genauso können Lösungen vielfältig sein. Es gibt keine Beschränkungen. Wirklich jedes Problem, das Sie sich in Ihrer Fantasie ausmalen können, kann mit Hilfe von Stellvertretern aufgestellt werden. Das Spektrum reicht von „völlig banalen Fragestellungen“ über „unerfüllte Wünsche“ und „Konflikte mit anderen Menschen“ bis hin zu „lebensbedrohlichen Problemen“.
Jedes Problem, jede Fragestellung können Sie in verschiedene Aspekte oder auch Personen einteilen. Aus einer Gruppe werden dann Stellvertreter ausgesucht, die für diese Aspekte/Personen stellvertretend stehen. Die Stellvertreter spüren sich intuitiv in die jeweilige Rolle ein und teilen ihre auftauchenden Gefühle darüber mit. Interessanterweise können diese Gefühle aufgrund des „Gesetzes der Anziehung und Resonanz“ aufschlussreiche Hinweise auf Ihr Problem oder Ihre Frage liefern. Und Sie können beobachten, ob der Verlauf Ihrer Aufstellung Sie zu einer lösenden Idee oder einem erlösenden Gefühl oder einer Erfüllung oder auch nur zu einem nächsten Schritt anregt.
Ich behaupte nicht, dass Aufstellungen „heilen“. Sondern ich behaupte, dass Aufstellungen in uns die Entwicklung neuer Sichtweisen unterstützen, uns neue kreative Ideen bieten. Und neue Sichtweisen/Ideen wiederum können uns zur Selbstheilung anregen. Ferner scheinen Aufstellungen ab und zu auf einer übergeordneten Resonanzebene zu wirken, so dass nach einer Aufstellung aus unerfindlichen Gründen im Alltag neue Situationen um uns herum passieren. Lassen Sie sich überraschen, was für kleine und große Wunder möglich sind. Probieren Sie es selbst aus.

In einer Freien Aufstellung können Sie alles experimentieren – und dürfen/müssen dann eigenverantwortlich mit den Folgen leben. Dabei lernen Sie so, wie Sie als Kind lernten: ausprobieren, Folgen kennenlernen, Erfahrungen sammeln und mithilfe dieser neuen Erfahrungen: Problem lösen.
Nicht jede Aufstellung regt tatsächlich zu der Lösung eines Problems an. Es gibt auch einige Aufstellungen, mit denen man letztendlich nichts anfangen kann. Aber meiner Erfahrung nach ist das anregende Potenzial sehr hoch.
Probieren Sie es selbst aus, sammeln Sie Ihre eigenen Erfahrungen und bilden Ihr eigenes Urteil. Meine Empfehlung: Folgen Sie dabei sowohl Ihrem Bauchgefühl als auch dem, was Ihnen Ihr Verstand sagt. Ich habe sehr gute Erfahrungen gemacht, wenn mein Herz, mein Bauch und mein Kopf immer zusammenarbeiten, egal, wer dabei phasenweise die Führung übernimmt.

 

Wie stelle ich selbst auf?

Wie können Sie selbst aufstellen? Sie fragen ein paar Freunde und Bekannte, ob sie Zeit und Lust hätten, sich an einem Abend oder Wochenende für gemeinsames Freies Aufstellen zu treffen.
Oder Sie nehmen an einer organisierten Aufstellungsgruppe teil, die Freie Aufstellungen durchführt (Informationen über manche Orte und Termine im deutschsprachigen Raum finden Sie im Internet unter www.freies-aufstellen.info).
Letztendlich können Sie alle Erfahrungen, die Sie im Freundeskreis oder in einer größeren Gruppe mit Aufstellungen gemacht haben, auch für sich alleine nutzen, indem Sie zu Hause mit Zetteln oder Fühlfeldern auf dem Boden aufstellen oder sich in Playmobilfiguren oder andere Gegenstände einfühlen.

Im Folgenden benutze ich die vier Begriffe „Organisator“, „Aufsteller“, „Stellvertreter“ und „Beobachter“.
Der Organisator organisiert die Veranstaltung und sorgt dafür, dass die ganze Zeit Freies Aufstellen stattfindet. Der Aufsteller ist die Person, die eine Fragestellung oder ein Problem mitbringt und dies mithilfe von Stellvertretern anschauen, beantworten oder lösen möchte. Die Stellvertreter stehen dem Aufsteller für das Lösen seiner Problematik zur Verfügung. Die Beobachter sind unbeteiligt und beobachten einfach nur das Geschehen von außen.
Am Anfang einer Aufstellungsveranstaltung findet meistens eine kurze Vorstellungsrunde statt. Jeder sagt seinen Namen und teilt mit, ob er aufstellen möchte, nur als Stellvertreter zur Verfügung steht oder einfach nur beobachten will. Anschließend wird bestimmt, wer als Erster aufstellen darf.
Bei großen Gruppen lasse ich als Organisator meistens auslosen, wer dran kommt. Dabei führe ich im regionalen Bereich eine Vorrangliste, durch die garantiert wird, dass die Nicht-Ausgelosten irgendwann bei einer späteren Veranstaltung auf jeden Fall Vorrang erhalten und aufstellen dürfen. So sind sie nicht permanent vom Zufall des Losverfahrens abhängig. Prinzip: Je öfter man nicht ausgelost wurde, desto höher ist die Chance, dass man drankommt.

Der ausgeloste Aufsteller hat die Wahl, ob er verdeckt, halb verdeckt oder offen aufstellt.
Offen: Der Aufsteller erzählt offen der Gruppe, was sein Thema ist, wie seine Fragestellung lautet und was er für ein Ziel verfolgt, also was er mit der Aufstellung erreichen möchte. Der Organisator und die Gruppe haben dann die Möglichkeit, Vorschläge zu machen, was für Aspekte/Personen für die Aufstellung eventuell wichtig sein könnten und wie mit der Aufstellung begonnen werden könnte. Der Aufsteller kann aus diesen Vorschlägen auswählen, was ihm einleuchtend oder als stimmig erscheint und zu seinem Bauchgefühl passt. Anschließend sucht der Aufsteller Stellvertreter für diese Aspekte/Personen aus der Gruppe aus und sagt laut, welcher Stellvertreter für welchen Aspekt bzw. für welche Person stehen soll. Er verteilt die „Rollen“. Auf diese Weise ist jeder von Anfang an in die Aufstellung eingeweiht, es ist „offen“.
Verdeckt: Der Aufsteller hat sich schon vorher überlegt, was er für ein Thema aufstellen möchte, und auch, welche Rollen er an die Stellvertreter vergeben möchte. Er teilt aber der Gruppe sein Thema nicht mit. Auch den Stellvertretern sagt er nichts. Er sucht einfach aus der Gruppe einzelne Personen aus und fragt sie, ob sie ihm zur Verfügung stehen würden. Dabei stellt er sich genau vor, welche Rolle der jeweilige Stellvertreter darstellen soll, ohne es ihm zu sagen. Das genügt. Die Stellvertreter spüren sich dann unwissend in ihre unbekannte Rolle ein.
Später während der Aufstellung besteht jederzeit die Möglichkeit, das Thema aufzudecken, der Gruppe zu erzählen worum es gerade geht, und den Stellvertretern mitzuteilen, welche Rolle sie darstellen. Aber man kann es auch bis zum Ende der Aufstellung verdeckt lassen.
Halb verdeckt: Der Aufsteller ist sich noch unsicher, wie er sein Problem genau aufstellen kann, was für Aspekte oder Personen er durch Stellvertreter vertreten lassen soll. Deshalb erzählt er der Gruppe zunächst offen sein Thema und lässt sich Vorschläge für den Beginn der Aufstellung machen. Der Aufsteller wählt nach seinem Gefühl, was er von diesen Vorschlägen umsetzen möchte. Daraufhin sucht er aus der Gruppe einzelne Personen aus und fragt sie, ob sie ihm zur Verfügung stehen. Dabei stellt er sich in seinen Gedanken genau vor, welche Rolle der jeweilige Stellvertreter darstellen soll, ohne es ihm zu sagen. Das bedeutet also: Die Gruppe ist zwar in das Thema eingeweiht, was hier gerade aufgestellt wird, aber außer dem Aufsteller weiß niemand, welcher Stellvertreter welche Rolle darstellt. Ergo: halb verdeckt.

Sind die Stellvertreter ausgesucht, dann hat der Aufsteller die Wahl, ob er den Stellvertretern einen Platz zuweist, sie „aufstellt“, ihnen Anweisungen gibt, oder ob sie sich ihren persönlichen Gefühlen und Impulsen nach frei bewegen und frei agieren dürfen.
Aufstellen: Der Aufsteller nimmt den ersten Stellvertreter an die Hand oder stellt sich hinter ihn, berührt ihn mit beiden Händen an den Schultern und „schiebt“ ihn sanft nach seinem Gefühl an den Ort im Raum, wo es sich gerade stimmig anfühlt, wo er stehen/sitzen/liegen und in welche Richtung er dabei schauen soll. Dann geht er zum zweiten Stellvertreter und gibt ihm ebenso einen Platz im Raum usw. Auf diese Weise gibt er allen Stellvertretern einen Platz und „baut“ seine Aufstellung auf.
Frei bewegen: Der Aufsteller sagt den Stellvertretern: „Sucht euch selbst einen Platz nach eurem Gefühl“ oder „Ihr könnt euch frei bewegen“. Die Stellvertreter bewegen sich von Anfang an frei nach ihren Gefühlsimpulsen, wo es sie spontan hinzieht. Ohne darauf zu warten, dass ihnen Fragen gestellt werden, dürfen sie jederzeit mitteilen, wie es ihnen geht und was sie fühlen. Auch Dialoge unter den Stellvertretern dürfen geführt werden.
Aufstellen/frei bewegen: Der Aufsteller stellt zuerst alle Stellvertreter auf und teilt ihnen anschließend mit, dass sie sich von diesem Platz aus nun frei bewegen und all ihren Impulsen folgen dürfen.

Wenn alle Stellvertreter stehen/sitzen/liegen oder sich bewegen, beginnt nun der Teil der Aufstellung, in dem die Gefühle der Stellvertreter in den Mittelpunkt rücken. Wie fühlen sie sich in den Rollen? Was für Impulse haben sie? Was denken sie? Der Aufsteller kann seine Stellvertreter befragen und beobachten.
Fragen stellen: Der Aufsteller kann einzelne Stellvertreter fragen, wie sie sich fühlen, warum sie sich so fühlen, was wäre, wenn sie sich woanders hinstellen würden usw.
Ebenso besteht die Möglichkeit, die Stellvertreter aufzufordern, etwas zu tun, etwas Bestimmtes zu sagen oder sich auf einen anderen Platz zu stellen/setzen/legen.
Und es gibt die Möglichkeit, den Stellvertretern einen neuen Rahmen anzubieten, z. B. „Angenommen das Problem wäre gelöst. Was würdet ihr dann fühlen/tun?“ oder „Wie würdet ihr euch fühlen, wenn eine bestimmte Zeit verstrichen wäre?“
Anschließend schaut man: Was für Folgen hat das? Wie fühlen sich die Stellvertreter damit? Auf diese Weise erforscht der Aufsteller genauer seine Aufstellung – er folgt dabei einfach seinem Wissensdurst, seinen spontanen Ideen oder seiner Neugierde.
Beobachten: Der Aufsteller setzt sich auf einen Stuhl am Rand des Aufstellungsfeldes und beobachtet seine Stellvertreter, was sie selbstständig tun und sagen, ohne dass sie dazu extra befragt werden. Er beobachtet das intuitive Rollenspiel und schaut, in welche Richtung die Stellvertreter durch ihre Gefühle gesteuert werden, was sie sich gegenseitig zu sagen haben, was sie von ihren Gefühlen berichten und was sie für eigenständige Impulse haben, um ein Ungleichgewicht zu verbessern oder zu lösen. Er beobachtet, wie sich die Aufstellung von selbst entwickelt.
Fragen/Beobachten: Der Aufsteller kann je nach Gefühl zwischen Befragen und Beobachten abwechseln. Wenn er dem Aufstellungsverlauf eine ganze Weile schweigend zugeschaut hat, kann er dem Verlauf manchmal einen neuen Impuls geben, wenn er gezielt Fragen zu stellen beginnt. Vielleicht kommt ein Stellvertreter durch eine Frage auf neue Ideen oder es entsteht mehr Klarheit.
Umgekehrt könnte es sein, dass der Aufsteller durch permanente Fragen neue Ideen der Stellvertreter behindert. In dem Fall wäre zu empfehlen, dass er sich zurücklehnt, die Stellvertreter einfach sich selbst überlässt und nur noch beobachtet, was sie jetzt wohl als nächstes tun werden. Dann könnten sich neue Ideen wie von selbst entfalten.
Wenn ich in meiner eigenen Aufstellung nicht weiter weiß und sowohl die Stellvertreter als auch die beobachtende Gruppe keine neuen Ideen haben, dann lehne ich mich manchmal zurück und sage mir innerlich: „Ich gebe uns nun allen die Möglichkeit, zehn Minuten lang in dieser Ratlosigkeit schweigend zu verharren. Wenn sich bis dahin dann immer noch nichts bewegt hat, beende ich meine Aufstellung.“ Ich beobachte, was passiert. Meistens muss ich nicht länger als eine Minute warten, dann hat jemand eine neue Idee oder einen Impuls und es bewegt sich weiter.
Oder ich stelle die „Ratlosigkeit“ oder „die neue Idee“ als Stellvertreter dazu und beobachte, ob sich dadurch etwas ändert.

Es kann sein, dass während der Aufstellung die Stellvertreter über problematische Gefühle und Gedanken berichten und Spannungen in der Aufstellung auftauchen. Wenn man dann eine Weile beobachtend und geduldig wartet, könnte es sein, dass die Stellvertreter durch gemeinsames Interagieren und durch den verbalen Austausch über die Probleme ganz selbstständig eine Lösung dafür finden.
Es kann aber auch sein, dass die Spannungen/Probleme sich nicht lösen. In dem Fall besteht die Möglichkeit, neue Stellvertreter mit neuen Rollen dazuzustellen und zu beobachten, was für eine Wirkung sie auf die Probleme haben. Rollen könnten sein: „die Ratlosigkeit“, „die Liebe“, „die Heilung“, „die rettende Idee“, „das lösende Element“, „das, was den nächsten Schritt zeigt“, „das, was fehlt“ oder auch „die homöopathische Erstverschlimmerung“ etc. Man kann dazustellen, was die eigene Fantasie einem anbietet. Und man kann auch Stellvertreter aus ihren Rollen entlassen, um eine Verbesserung zu bewirken.
Wer sich diese Möglichkeiten nicht alle merken will, kann auch ein extra dafür angefertigtes Kartenset benutzen: „Impulskarten für Freie Systemische Aufstellungen“ (siehe auch Seite 254). Fühlen Sie sich in Ihrer Aufstellung ratlos, dann ziehen Sie eine Karte, lesen die darauf stehenden Begriffe, wählen einen Begriff aus, der Ihnen gerade besonders ins Auge springt, geben einem neuen Stellvertreter eine Rolle mit diesem Begriff, stellen ihn in Ihrer Aufstellung dazu und beobachten die Wirkung.
Ziel ist es oft, dass in der Aufstellung ein „besseres Gleichgewicht“ erreicht werden kann, so dass der Aufsteller dadurch neue Hinweise, neue Ideen, neue Lösungsimpulse für sein Thema erhält. Ein besseres Gleichgewicht ist daran ablesbar, dass die Stellvertreter immer zufriedener werden oder auch dass der Aufsteller immer zufriedener mit dem Verhalten und den Mitteilungen seiner Stellvertreter wird. Im extremsten Fall könnte sogar das Ergebnis der Aufstellung dazu beitragen, dass die Selbstheilungskräfte des Aufstellers vollständig aktiviert werden und das Problem des Aufstellers verschwindet. Happy End.
Manche Aufsteller wollen aber nur schauen, wie sich die Stellvertreter verhalten, ohne etwas dabei zu „lösen“. Sie suchen nur nach einer gewissen Bestätigung. Und wenn sie diese haben (oder eben auch nicht), kann die Aufstellung beendet werden.
Eine Aufstellung beendet sich, wenn bei ungelösten Ungleichgewichten weder die Stellvertreter noch die Gruppe noch der Aufsteller weiterwissen und der Aufsteller aufgibt. Dann lässt man es erst einmal so stehen, wie es ist, und stellt das gleiche Thema später in der gleichen oder in einer neuen Gruppe noch einmal auf.
Eine Aufstellung beendet sich, wenn der Aufsteller genug erfahren hat und sich bei seinen Stellvertretern bedankt.
Sie beendet sich, wenn ein Happy End gefunden wurde und alle das Gefühl haben, dass man an dieser Stelle aufhören kann.
Oder sie beendet sich, wenn die Aufstellungszeit vorbei ist, falls man sich vorher auf einen ungefähren Zeitrahmen geeinigt hat.

 


Die Regeln der Freien Systemischen Aufstellungen

Damit eine Aufstellungsveranstaltung oder ein privates Aufstellungstreffen in gewisser Weise geordnet und auf jeden Fall „frei“ ablaufen kann, sollte man sich vorher auf Regeln einigen. In meinen Workshops stelle ich immer folgende Regeln auf:

1. Alles gehört dazu.
Diese erste Regel teilt allen Beteiligten mit, dass es bei dieser Veranstaltung wirklich „frei“ ablaufen darf. Der Aufsteller darf tatsächlich frei und eigenverantwortlich entscheiden, was er mit seiner Aufstellung anfangen möchte. Gleichzeitig ist diese Regel eine Erinnerung daran, dass während des Aufstellens auftauchende Störungen oder Unruhe in der Gruppe vielleicht irgendwie zum aufgestellten Thema passen könnten, sich zum Thema in „Resonanz“ befinden und etwas spiegeln. Auch andere Phänomene, die man zunächst einmal nicht als zu der Aufstellung dazugehörig sieht (Glockenläuten einer Kirche in der Nachbarschaft, das Zuspätkommen eines Teilnehmers etc.), könnten irgendwie dazugehören, eine Resonanz oder Synchronizität darstellen und daher eine „Botschaft“ enthalten. Deswegen dürfen während der Veranstaltung Handys angeschaltet bleiben, die Gruppe darf sich während einer Aufstellung unterhalten, man darf sich bewegen, rausgehen, essen, sich mit Ideen und Impulsen in die Aufstellung einmischen etc.
Ich habe einmal erlebt, dass während einer Aufstellung drei be-obachtende Teilnehmer sich immer lauter über scheinbar unwichtige Themen unterhalten haben – und plötzlich haben sie für die aufstellende Person in ihrer Aufstellung eine wichtige Rolle gespielt und am Ende zur Lösung beigetragen.
Es kommt auch immer wieder vor, dass eine aufstellende Person während ihrer Aufstellung eine SMS erhält und der Text sehr gut zum aufgestellten Thema passt. Oder der nicht anwesende Partner spürt, dass irgendetwas passiert, und ruft während der Aufstellung an…
Weil alles dazugehört, gehört es auch dazu, dass Grenzen gesetzt werden dürfen. Diese Grenzsetzungen verteilen sich wie folgt:

2. Der Organisator darf jederzeit Grenzen für sich und seine Veranstaltung setzen.
Wenn ich zum Aufstellen eingeladen habe, wenn ich eine Aufstellungsgruppe organisiert habe, wenn ich derjenige bin, der den Raum gemietet, die Leute angerufen/angemailt und ein Treffen angeboten hat, oder wenn ich einen Workshop gegen Gebühren anbiete, dann habe ich das Freie Aufstellen organisiert. Also bin ich der „Organisator“. Dementsprechend bin ich auch dafür verantwortlich, dass ich den Leuten das biete, wozu ich eingeladen habe. Ich bin für mich selbst und für den Raum verantwortlich und ich bin dafür verantwortlich, dass wir auch wirklich „Freies Aufstellen“ durchführen.
Ich selbst: Wenn ich selbst etwas organisiere, dann möchte ich auch, dass es mir dabei gut geht. Werde ich aber von einem Teilnehmer so behandelt, dass ich mich unwohl fühle, kann ich jederzeit für mich eine Grenze setzen und den Teilnehmer bitten, mit diesem Verhalten aufzuhören oder meine Veranstaltung zu verlassen. Auch wenn das Verhalten dieses Teilnehmers nachvollziehbar ist oder „zurecht“ geschieht: Es ist meine Veranstaltung, die ich organisiert habe, und wenn jemand mit etwas unzufrieden ist, kann er jederzeit gehen. Bleibt er aber und konfrontiert mich mit seiner Unzufriedenheit, ohne dass ich darum gebeten habe und ohne, dass ich offen dafür bin, dann kann ich ihn auffordern, meine Veranstaltung zu verlassen.
Des Weiteren fühle ich mich am wohlsten in meiner Veranstaltung, wenn die Stellvertreter besonders aggressive Impulse erst einmal ankündigen, bevor sie sie ausleben. Manchmal fühlt ein Stellvertreter intensive Wut und möchte schreien oder einen anderen Stellvertreter schubsen. Ich habe bereits erlebt, dass die gesamte Gruppe sich erschrocken hat, wenn jemand einen plötzlichen Schrei ausgestoßen hat, oder dass ein anderer Stellvertreter unvorbereitet gestolpert und gefallen ist, nachdem er geschubst wurde. Beides halte ich in meiner Veranstaltung nicht für notwendig und bitte daher die Gruppe um eine Ankündigung vor dem Ausleben solcher Impulse.
Der Raum: Ich trage die Verantwortung für den Raum und muss daher aufpassen, dass die Teilnehmer keine Einrichtungsgegen-stände beschädigen, dass sie achtungsvoll mit dem Raum umgehen. Bei „Gefahr“ setze ich eine entsprechende Grenze.
Freies Aufstellen: Beim Freien Aufstellen darf ein Aufsteller frei über seine Aufstellung bestimmen. Also muss ich als Organisator aufpassen, dass bei meiner Veranstaltung jeder Aufsteller auch tatsächlich frei bestimmen und auch Grenzen setzen darf. Niemand aus der Gruppe (ich auch nicht) sollte ihm das Ruder aus der Hand nehmen, auch wenn der Aufsteller das Ruder nicht sehr fest hält oder vielleicht aus Versehen selbst losgelassen hat. Ich passe auf, dass alles, was von den Stellvertretern oder der Gruppe oder von mir gemacht oder geäußert wird, immer mit Zustimmung des Aufstellers geschieht.
Im Zweifelsfall frage ich: „Ist das in Ordnung für dich, was hier gerade passiert oder gesagt wird?“ Dies kann auch jeder andere Teilnehmer den Aufsteller fragen. Sobald die Antwort „Nein“ lautet, unterstütze ich den Aufsteller, wenn er es nicht schafft, selbst eine Grenze zu setzen: „Stopp, hört damit bitte auf. Der Aufsteller möchte es nicht und will hier eine Grenze setzen.“ Damit bleibt die freie Entscheidung über die Aufstellung immer beim Aufsteller.
Sollte ein Teilnehmer diese gesetzte Grenze nicht einhalten, so kann ich ihn als Organisator darauf hinweisen, ihn ermahnen, ihn aus dem Raum schicken oder vollständig aus der Veranstaltung ausschließen. Denn ich möchte Freies Aufstellen anbieten, und wenn ein Teilnehmer sich so verhält, dass ein Freies Aufstellen nicht möglich ist, passt er nicht zu meinem ursprünglichen Angebot. In dem Moment gehört er nicht mehr in meinen Zielbereich und ich kann ihn ausschließen. Schließlich schließt er mit seinem Verhalten auch mein Ziel „Freies Aufstellen“ aus, indem er die Grenzsetzung des Aufstellers nicht achtet und nicht einhält.

3. Der Aufsteller darf jederzeit Grenzen für sich und seine Aufstellung setzen.
Wenn ich als Teilnehmer zu Gast bei einem Organisator bin, der gerade eine Veranstaltung „Freies Aufstellen“ anbietet, und ein eigenes Thema aufstellen darf, dann darf ich mit meiner Aufstellung frei umgehen. Genauso wenn ich bei meiner eigenen organisierten Aufstellungsveranstaltung ein eigenes Thema aufstelle und sowohl Organisator als auch gerade Aufsteller bin, darf ich frei über meine Aufstellung bestimmen. Das bedeutet, dass ich auch jederzeit Grenzen setzen darf, wenn mir etwas nicht gefällt, wenn ich mich nicht wohl fühle oder wenn ich eine bestimmte „Botschaft“ jetzt gerade einmal nicht wahrnehmen möchte. Ich kann Stellvertreter oder Beobachter aus der Gruppe (dazu gehört auch der Organisator) bitten, mit einem bestimmten Verhalten aufzuhören. Ich kann auch zu Beginn der Gruppe mitteilen, was sie während der Aufstellung tun darf und was bitte nicht. Ich kann die Gruppe auffordern, während meiner Aufstellung die Handys auszuschalten und sich nicht nebenbei zu unterhalten oder zu essen. Ich kann alle darum bitten, sich nicht in meine Aufstellung einzumischen. Tritt ein beobachtendes Gruppenmitglied während meiner Aufstellung über meine gesetzte Grenze, kann ich ihn bitten, für die Dauer meiner Aufstellung den Raum zu verlassen.
So eine Grenzüberschreitung könnte z. B. sein, dass derjenige immer wieder dazwischen redet, obwohl ich die beobachtende Gruppe gebeten hatte, sich herauszuhalten und ruhig zu sein. Auch wenn ein Stellvertreter meine Grenze nicht achtet, kann ich ihn jederzeit aus meiner Aufstellung entlassen und ihn bitten, wieder in der beobachtenden Gruppe Platz zu nehmen. Ein Stellvertreter  überschreitet meine Grenze, wenn er z. B. einfach weiter macht und nicht auf meine Grenzsetzung Rücksicht nimmt oder wenn er meine Art, wie ich mit meiner Aufstellung umgehe, verletzend abwertet. Ebenso kann ich die Aufstellung jederzeit beenden, wenn ich genug erfahren habe oder es mir zu viel wird.

4. Jeder Teilnehmer darf jederzeit für sich selbst Grenzen setzen.
Angenommen ich bin Teilnehmer in einer Aufstellungsgruppe und werde gefragt, ob ich als Stellvertreter für eine Aufstellung zur Verfügung stehen möchte. Wenn ich dabei ein ungutes Gefühl oder keine Lust habe, dann darf ich jederzeit signalisieren, dass ich nicht zur Verfügung stehe und lieber weiterhin nur beobachten möchte.
Bin ich ein Stellvertreter und stehe zur Verfügung, dann kann ich jederzeit während der Aufstellung meine Rolle ablegen. Es könnte sein, dass ich mich nicht wohl fühle, weil z. B. die Gefühle in der Rolle sehr unangenehm sind oder weil mich ein anderer Stellvertreter verletzend und achtungslos behandelt oder weil ich mich durch den Aufsteller oder Organisator unangenehm eingeschränkt und begrenzt fühle. Dann kann ich aus der Rolle gehen und mich nicht weiter zur Verfügung stellen. Ich kann wieder in der Gruppe Platz nehmen oder sogar vollständig den Raum verlassen.
Genauso kann ich auch als außen sitzender Beobachter mich zurückziehen, wenn ich mich während einer Aufstellung nicht wohl fühle oder wenn ich nicht damit einverstanden bin, wie ein Aufsteller mit seiner Aufstellung umgeht. Wenn ich das Beobachten nicht mehr aushalte, weil es mich zu sehr aufregt, kann ich einfach aus dem Raum gehen.
Auch wenn ich das Gefühl habe, dass der Organisator hier nicht wirklich „Freies Aufstellen“ anbietet, kann ich jederzeit die Veranstaltung verlassen und mir eine Gruppe suchen, die wirklich Freies Aufstellen anbietet.
 Ich erkenne ein „unfreies“ Aufstellen daran, dass

 In den Momenten findet hier kein „Freies Aufstellen“ mehr statt, wie ich es in meinen Büchern beschreibe.
 
Zusammengefasst: Wer muss wessen Grenzen achten?

Da jeder eigenverantwortlich teilnimmt, hat niemand einen Anspruch darauf, dass der Organisator oder andere Teilnehmer ihm zur Verfügung stehen. Jede Hilfe und jedes Zur-Verfügung-Stehen während einer Aufstellung sind immer freiwillige Geschenke, sowohl von den Teilnehmern als auch vom Organisator.

Diese Regeln sind notwendig, damit jeder Beteiligte den sicheren Freiraum hat, seine Eigenverantwortung auch wirklich auszuüben. Im Konfliktfall ist ganz klar geregelt, wer in welcher Situation seinen Selbstschutz durchsetzen darf und wer auf welche Weise nachgeben muss. Jeder soll sich jederzeit selbst schützen und für sein eigenes Wohl sorgen können, sobald er sich auf irgendeine Weise unwohl fühlt.
Wenn der Aufsteller bei seiner eigenen Aufstellung in der Entscheidungshierarchie immer an erster Stelle steht und der Chef seiner Aufstellung ist, trägt er automatisch die volle Eigenverantwortung dafür. Gleichzeitig tragen die Stellvertreter – da sie jederzeit die „freie“ Wahl haben, ob und wie lange sie zur Verfügung stehen – ebenso ihre volle Eigenverantwortung. Und der Beobachter trägt die volle Verantwortung dafür, auf was er schaut, also was er beobachtet.

„Jeder hat das Recht, Fehler zu machen, das Recht, die eigene Auffassung zu ändern, und das Recht, in jedem Moment den Raum zu verlassen.
Denn wer Fehler machen darf, der kann sich korrigieren. Wer das Recht besitzt, seine Meinung zu ändern, der kann nachdenken. Wer immer auch aufstehen und gehen könnte, der bleibt nur auf eigenen Wunsch.“    (Humberto Maturana)

Werden die in diesem Abschnitt aufgeführten Regeln von allen Beteiligten beachtet und eingehalten und sieht jeder die Verantwortung für das eigene Wohl vollständig bei sich selbst, dann kann sich konfliktfrei und ungehindert ein tief berührendes Freies Aufstellen entfalten.

 


Muss ich als Organisator eine Ausbildung haben?

Ganz klar: Nein. Um das Freie Aufstellen zu organisieren, benötigt man keine Qualifikation, kein Zertifikat, keine Erlaubnis, keine Ausbildung in irgendeiner Weise. Man organisiert Freies Aufstellen genauso, wie man eine Diskussionsrunde organisiert: Man lädt zu einem Treffen ein. Bei diesem Treffen stellen sich die eigenverantwortlichen Teilnehmer mit bestimmten Fragestellungen gegenseitig zur Verfügung. Und wenn Antworten auf Fragen gegeben oder Gefühle mitgeteilt werden, dann ist das nichts weiter als eine einfache „Meinungsäußerung“. Es ist keine Therapie. Man kann sogar den Begriff „Beratung“ weglassen (und damit auch in Österreich ungehindert Freies Aufstellen organisieren). Die Menschen treffen sich und äußern zu den unterschiedlichsten Themen nach bestimmten Regeln ihre persönliche Meinung. Jemand hat eine persönliche Frage, die anderen antworten und sagen ihre persönliche Meinung dazu. Ein alltägliches Phänomen. Was ein Teilnehmer dann mit diesen Meinungen der anderen Teilnehmer macht und wie weit er sie sogar zur Selbstheilung nutzt, bleibt immer ihm selbst überlassen. Jeder ist und bleibt bei diesem Treffen eigenverantwortlich – wie bei einer Diskussionsrunde. Und wenn es jemandem einmal schlechter gehen sollte, dann gibt es genug liebevolle Teilnehmer, die sich um diesen Teilnehmer kümmern – auch wie bei einer Diskussionsrunde. In Notfällen wird Erste Hilfe geleistet und der Arzt gerufen. Solche Notfälle habe ich aber in meinen neun aktiven Jahren bisher noch nicht erlebt.
Wenn sich jemand in der von mir organisierten Diskussionsrunde meiner Ansicht nach daneben benimmt, kann ich ihn jeder Zeit auffordern, meine Veranstaltung zu verlassen. Auch dafür brauche ich keine Ausbildung, nur etwas Mut.
Sie dürfen das Freie Aufstellen nicht als „Heilung“ oder „Diagnose“ anbieten, wenn Sie kein Heilpraktiker, Arzt oder Psychotherapeut sind. Denn dann würden Sie sich strafbar machen. Das Freie Aufstellen kann jeder anbieten, wenn er es als „Möglichkeit zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte“ definiert – oder einfach nur als „unterstützender Meinungsaustausch“.

 

Andere Aufstellungsmöglichkeiten

Die Gesetze der Allverbundenheit und der Resonanz scheinen immer und überall zu wirken – auch im Wohnzimmer. Sollten Sie gerade mit Ihrem Partner in einer Auseinandersetzung stecken, dann können Sie auch innehalten und sich dazu entscheiden, über das Streitthema eine Aufstellung zu machen. Der eine Partner verteilt verdeckt die Rollen, der andere Partner fühlt sich ein.
Zuerst einigen sich beide darauf, welche Personen/Aspekte für die Aufstellung eine Rolle spielen sollen. Dann beschriftet der eine Partner ein DinA4-Blatt mit dem ersten Namen der ersten Rolle, ohne dass der andere Partner sieht, welchen Namen der erste Partner auf den Zettel schreibt. Der Zettel wird umgedreht, so dass der Name nicht sichtbar ist, und dem anderen Partner in die Hand gedrückt. Der entscheidet nun nach Gefühl, wo er diesen Zettel auf den Boden legt. Anschließend stellt er sich auf diesen Zettel und beobachtet, wie er sich fühlt, wenn er dort steht.
So wird mit jedem weiteren Zettel verfahren. Der erste Partner beschriftet die Zettel und dreht sie um. Der andere Partner verteilt die Zettel im Raum und fühlt sich unwissend ein.
Wenn alle Zettel verteilt sind, wird nun nach einem besseren Gleichgewicht gesucht, so dass möglichst ein „Happy-End-Gefühl“ auf allen Positionen erreicht werden kann. Anschließend wechselt man. Nun beschriftet der andere Partner die Zettel neu und der erste Partner verteilt und fühlt sich ein. Kommt man im umgekehrten Fall zu einem ähnlichen Ergebnis? Wo ist der rote Faden?
Genauso kann man im Restaurant sitzend mit Gegenständen auf dem Tisch freie Aufstellungen durchführen. Man gibt den Gläsern, Bierdeckeln, Salzstreuern etc. verschiedene Rollen und fühlt sich in die Gegenstände ein, indem man sie dort, wo man sie aufgestellt hat, mit den Fingern berührt. Auf diese Weise kann man auch mit Figuren frei aufstellen. Letztendlich ist auch während eines Telefonates eine Aufstellung mit kleinen Zetteln oder Figuren auf dem Schreibtisch möglich.
Möchte man für sich alleine aufstellen, kann man auch mit Figuren spielen und ihnen unterschiedliche Rollen geben. Hier folgt man seiner eigenen Intuition, Kreativität, seinem eigenen Bauchgefühl.
Letztendlich kann man sogar die Figuren weglassen, die Augen schließen und in seiner Fantasie vor dem geistigen Auge Aufstellungen durchführen.

Je länger Sie sich mit Aufstellungen beschäftigt und sich an die Resonanz-Phänomene gewöhnt haben, desto besser können Sie auch Resonanz-Phänomene im Alltag realisieren und mit ihnen gezielt umgehen lernen. Sie erspüren, wo Sie sich einem anderen Menschen aus Versehen für eine Stellvertreterrolle zur Verfügung gestellt haben, und haben die Wahl, ob Sie auch weiterhin zur Verfügung stehen oder es lassen. Sie nehmen immer besser wahr, wo andere Menschen sich Ihnen unabsichtlich zur Verfügung stellen, und können sie entsprechend aus diesen Rollen wieder entlassen.
Außerdem können Sie Begebenheiten im Alltag klarer als Orakel für eigene Fragestellungen oder als Spiegel zur Selbsterkenntnis nutzen. Sie lernen, lösungsorientierter, offener, freier und liebevoller durch Ihr Leben zu gehen.

* * *

Das war bis hierhin eine Kurzbeschreibung des Freien Aufstellens. Natürlich gibt es jetzt noch viele Fragen, die nicht beantwortet wurden. Die Antworten dazu gebe ich auf den nächsten Seiten ausführlicher. Gleichzeitig sind all diese Informationen immer weniger „notwendig“, um mit dem Freien Aufstellen zu beginnen. Es sind alles nur zusätzliche Möglichkeiten, die Sie nutzen können, wenn Sie wollen. Sie müssen es aber nicht. Sie können auch jetzt schon anfangen und alles selbstständig und eigenverantwortlich ausprobieren, ausknobeln und selbst erfahren.
So war es auch bei mir: Ich habe ohne jegliche Ausbildung im Familienstellen einfach angefangen, kostenlose Workshops anzubieten. Meine Teilnehmer wussten alle, dass ich keine Ausbildung besitze und keine Therapie anbiete. Jeder verantwortete seine Teilnahme selbst. Und ich habe von Workshop zu Workshop durch das Erleben der unterschiedlichsten Happy Ends immer mehr dazugelernt und Erfahrungen gesammelt.
Im Jahr 2002 schrieb ich in einem Artikel für eine Aufstellungszeitschrift: „Gibt es da nicht einen Unterschied zwischen jemandem, der mit dem Druck nach Qualifikation eine Arbeit ausübt, und dem, der durch seine eigene Leidenschaft angeregt eine Arbeit ausübt? Ideal wäre natürlich derjenige, der durch seine Leidenschaft zu Qualifikation gelangt, doch der fordert nicht von anderen eine Qualifikation, sondern Leidenschaft.“
Und da ich damals ganz „grün hinter den Ohren“ und leidenschaftlich mit dem Organisieren von Aufstellungen begonnen und Schritt für Schritt dabei meine Erfahrungen gesammelt habe, fordere ich Sie zu dem Gleichen auf: Beginnen Sie, leidenschaftlich Aufstellungen zu organisieren (auch ohne Ausbildung). Bleiben Sie dabei ehrlich und sagen allen Teilnehmern, wie unerfahren Sie noch sind. Vermerken Sie es auch in Ihrer Einladung, dann kommen meist nur Leute, die sich darauf eingestellt haben, und die Veranstaltung kann ganz offen verlaufen. Sammeln Sie Schritt für Schritt Ihre Erfahrungen.
Irgendwann können Sie den Hinweis auf Ihre fehlende Erfahrung weglassen und die Leute kommen zu Ihnen, weil sie sich bei Ihnen wohl fühlen, gerne in Ihrer Veranstaltung eine eigene Aufstellung frei durchführen und weil sie sagen können „Ich stelle selbst auf“.
Noch einmal: Für das Organisieren von Freien Familienaufstellungen oder Freien Systemischen Aufstellungen benötigt man keinerlei Qualifikation. Das kann jeder. Organisieren Sie ein Treffen, geben Sie dabei keine Heilversprechen (höchstens einen Hinweis, dass durch das Miterleben von Rollenspielen Selbstheilungskräfte aktiviert werden könnten), stellen Sie sich in der Gruppe gegenseitig für Ihre Fragestellungen zur Verfügung und äußern Sie Ihre persönlichen Meinungen und Gefühle – nach den oben aufgeführten Regeln.

 

 

Wie kann ich mit meiner

eigenen Aufstellung umgehen?

 

Der Anfänger

Je mehr Erfahrungen Sie darin haben, Ihre eigene Aufstellung zu leiten, zu untersuchen und daraus zu lernen, desto mehr können Sie auch anderen zeigen, wie es geht. Sie können aus eigener Erfahrung anderen Menschen Unterstützung anbieten, wenn diese noch unsicher sind. Deswegen konzentriere ich mich in diesem Kapitel darauf, wie Sie mit Ihrer eigenen Aufstellung umgehen können. Dabei gehe ich zunächst davon aus, dass Sie es noch nicht kennen, und erkläre ganz ausführlich alle Möglichkeiten, die Sie haben. Später im Buch können Sie dann als Fortgeschrittener ohne meine Erklärungen selbstständig frei aufstellen.
Wenn Sie jetzt bereits zu den Erfahrenen gehören, können Sie das folgende Beispiel für sich nutzen, um zu lernen, wie man als Organisator Anfängern strukturiert und Schritt für Schritt das Freie Aufstellen vermitteln kann.
Angenommen ich habe einen Workshop für Freie Systemische Aufstellungen organisiert, Sie nehmen daran teil, sind ausgelost worden und dürfen jetzt gleich als Erster aufstellen. Wenn Sie noch nie eine Freie Aufstellung miterlebt haben, wissen Sie jetzt natürlich nicht, was Sie tun sollen. In dem Fall nützt Ihnen das Freie Aufstellen gar nichts. Sie sind nur unsicher und haben keine Ahnung, wie Sie nun an die ganze Sache „frei“ herangehen sollen. Für diesen Fall ist der Organisator da – er erklärt Ihnen, was Sie und wie Sie es tun können.
Doch das bedeutet nicht, dass dies nur der Organisator kann. Wenn ein anderer Teilnehmer schon öfter beim Freien Aufstellen war oder Bücher über Freies Aufstellen gelesen hat, besitzt er   ebenso eine gewisse Erfahrung und kann Ihnen eine kleine Einweisung geben.
Ich lerne gerade das Wasserskifahren (auf einem See mit einer Art waagerechten „Seilbahn“). Dort ist es genauso. Zuerst wird einem erklärt, wie man sich am besten über Wasser hält. Hat man dann einige Runden geschafft, werden einem dann noch einige Feinheiten verraten, wie man leichter die Kurve kriegt. Die meisten Anfänger fliegen aus der letzten Kurve, weil diese besonders scharf und schwer zu nehmen ist. Diese unterstützenden Tipps habe ich nicht nur vom Einweiser erhalten, sondern auch von anderen, die beim Anstehen an der Seilbahn in meiner Nähe standen und schon mehr Erfahrung im Wasserskifahren haben. Nach einiger Zeit bekommt man ein Gefühl dafür und benötigt keine Hilfestellung mehr. Es sei denn, man möchte bestimmte Kunststücke einüben, dann kann man sich wieder an jemanden wenden, der das schon kann …
Erhalten Sie also von mir im Aufstellungsworkshop eine Einweisung und unterstützende Vorschläge für den Umgang mit Ihrer Aufstellung, so bedeutet das nicht, dass Ihre Aufstellung nun nicht mehr „frei“ verläuft. Auch übernehme ich durch meine Hinweise und Hilfestellungen keine Verantwortung für Sie.
Der Begriff „frei“ steht dafür, dass Sie in der Entscheidungshierarchie immer an oberster Stelle stehen und der Chef bleiben. Dementsprechend behalten Sie auch die volle Verantwortung für Ihre Aufstellung. Ich kann Ihnen viele Tipps, Hinweise, Hilfestellungen, Ratschläge geben, doch Sie „müssen“ diese nicht umsetzen. Sie müssen sich nicht mit Skiern an den Füßen ins Wasser ziehen lassen oder den Anweisungen folgen, wie man sich über Wasser halten könnte. Sie können alle Techniken selbst ausprobieren und schauen, was für Sie funktioniert und was nicht. Es sind alles nur Möglichkeiten. Sie können sich jederzeit eigenverantwortlich anders entscheiden und etwas anderes tun.
Ich habe als Organisator schon oft erlebt, dass ich nach meinem Gefühl eine geniale Idee hatte, die aber dem Aufsteller nicht geholfen hat. Allerdings hatte er später selbst eine Idee, die ihm dann auch die Lösung brachte. Die meisten Leute tragen die Lösung in sich, erahnen sie teilweise schon und können sie sich mithilfe von Aufstellungen bewusst machen.
Es bleibt also allein in Ihrer Verantwortung, ob Sie Tipps und Hinweise von anderen annehmen und umsetzen. Meine Empfehlung: Folgen Sie sowohl Ihrem eigenen Bauchgefühl als auch Ihrem Ver-stand und fällen Ihre Entscheidungen auf der Basis von beidem.
Sie haben die Wahl und die Verantwortung für sich selbst – und behalten Sie auch bis zum Ende Ihrer Aufstellung.

Es gibt einen Unterschied zwischen der Verantwortung und der Leitung. Die Verantwortung behalten Sie immer selbst – die Leitung können Sie auch abgeben.
Was macht ein Leiter, wenn er Ihre Aufstellung leitet? Er stellt Fragen an die Stellvertreter, wie sie sich fühlen, gibt den Stellvertretern Anweisungen, was sie eventuell tun oder sagen sollen, probiert Verschiedenes aus und sucht nach einer Lösung, so dass sich die Stellvertreter besser fühlen können – und letztendlich dann auch der Aufsteller.
Im optimalen Fall konzentriert sich der Leiter auf die einzige Frage: „Was hilft im Moment wirklich?“ – und nimmt Sie und Ihr Gefühl dabei als Maßstab. Er weiß, dass nur Sie fühlen können, was Ihnen wirklich hilft. Wenn Ihnen etwas wirklich hilft, dann hilft es. Wenn nicht, dann nicht.
Im schlimmsten Fall behauptet Ihr Leiter, was Ihnen helfen würde, wenn Sie offen dafür wären. Dies ist eine indirekte Suggestion und suggeriert, dass Sie im Moment verschlossen sind und er es besser weiß als Sie oder davon ausgeht, dass die Stellvertreter in der Aufstellung eine „Wahrheit“ zeigen. Wenn Ihnen solche Behauptungen und Suggestionen in dem Moment nicht wirklich helfen und nicht gut fühlen lassen, können Sie beim Freien Aufstellen Ihren Leiter aus seiner Leitungsfunktion wieder entlassen.

Sie können bezüglich der Leitung unter folgenden Optionen wählen:

 

Auch dies sind nur einige Beispiele und jederzeit kombinier- und erweiterbar.
Das Thema „Leitung“ ist ein Punkt des Freien Aufstellens, der öfter zu Verwechslungen führt. Neue Teilnehmer vermischen oft „Leitung“, „Verantwortung“ und „Platz 1 der Entscheidungshierarchie“ miteinander. Und wenn sie sehen, wie z. B. der Organisator eine Aufstellung leitet, dann denken sie, dass er gleichzeitig die Verantwortung für die Aufstellung trägt und die Entscheidungsgewalt innehat. Gerade wenn jemand hauptsächlich das therapeutisch begleitete Familienstellen kennt, wo es so praktiziert wird, projiziert er am Anfang in das Freie Aufstellen, dass der Organisator auch die Verantwortung trägt. Doch diese Projektion klärt sich sofort auf, wenn man einmal erlebt, dass z. B. der Aufsteller nicht damit einverstanden ist, was der Organisator gerade macht, eine Grenze setzt und der Organisator sich ohne Widerspruch sofort danach richtet. Oder man erlebt, dass der Organisator sich immer mal wieder an den Aufsteller wendet und fragt:
„Ist das noch in Ordnung so für dich?“ oder „Ich würde jetzt … (xyz) … vorschlagen – ist das o.k. für dich, wenn wir das ausprobieren?“
Man erfährt beim wirklichen Freien Aufstellen, dass der Leiter dem Aufsteller immer untergeordnet ist. Der Aufsteller bleibt der „echte Chef“ und der Hauptverantwortliche, der letztendlich auch die Folgen trägt. Er hat die volle Verantwortung für den Verlauf der Aufstellung und behält immer die oberste Entscheidungsgewalt inne – auch wenn jemand anderes seine Aufstellung leitet.
Es liegt in der Verantwortung des Aufstellers, die Leitung der Aufstellung an jemanden abzugeben; es liegt in seiner Verantwortung, währenddessen zu entscheiden, ob dieser „gewählte Leiter“ gerade Dinge tut oder sagt, die hilfreich sind oder eher nicht; es liegt in seiner Verantwortung, seinem Leiter Anweisungen zu geben, was er tun oder lassen soll. Der Aufsteller darf immer das letzte Wort über seine eigene Aufstellung haben. Dementsprechend leitet ein „gewählter Leiter“ aus der zweiten Rang-Position heraus, während der Aufsteller auf der ersten Position prüft, ob es seiner Aufstellung und damit ihm selbst auch hilft.
Der gewählte Leiter steht dem Aufsteller für die Führungsrolle „zur Verfügung“. Das bedeutet: Wenn der Aufsteller unzufrieden mit der Leitung des anderen ist, sich unwohl fühlt, nicht einverstanden ist, eine Grenze setzt oder etwas anderes ausprobieren möchte, dann hat er immer Vorrang und der Leitende muss sofort zurückstecken und seine Führungsrolle (vorübergehend?) wieder abgeben.

 

Entscheidungs-Rangfolge bezogen auf die gesamte Veranstaltung „Freies Aufstellen“:

Entscheidungs-Rangfolge bezogen auf eine einzelne Freie Aufstellung:

1. Organisator (verantwortet die „Freiheit“)
2. Übrige Teilnehmer

 1. Aufsteller
(2. eventuell gewählter Leiter)
 3. Stellvertreter, übrige Teilnehmer und Organisator

 

Man muss nicht immer den Organisator zum Leiter wählen, wenn man eine Unterstützung durch jemand anderen wünscht. Es kann auch ein Teilnehmer gewählt werden, zu dem man großes Vertrauen hat und bei dem man fühlt, von ihm hilfreiche Unterstützung bekommen zu können. Der Organisator von Freien Aufstellungen organisiert im Grunde nur die „freie“ Veranstaltung. Er ist nur dafür verantwortlich, dass es „frei“ bleibt, d. h. dass der Aufsteller immer „frei“ entscheiden darf und alle Regeln eingehalten werden. Er ist nicht automatisch auch gleichzeitig ein „kompetenter Leiter“, auch wenn die meisten Organisatoren mehr Erfahrung haben und viele hilfreiche Tipps geben können.
Jeder Teilnehmer kann gebeten werden, die Leitung der Aufstellung zu übernehmen (noch einmal: nur die Leitung – nicht die Verantwortung und nicht die letztendliche Entscheidungsgewalt).
Auch wenn ein Organisator sehr aktiv ist und vielen Aufstellern hilfreiche Ideen anbietet, bleibt jeder Aufsteller während seiner eigenen Aufstellung immer derjenige, der in der Entscheidungshierarchie an erster Stelle steht. Wenn das nicht der Fall ist, wenn der Organisator sich in der Entscheidungshierarchie tatsächlich an die erste Stelle setzt, den Eindruck vermittelt, etwas besser zu wissen, oder einen Druck ausübt oder den Aufsteller bewertet oder zu etwas überredet, was der Aufsteller eigentlich lieber nicht wollte, ist es kein Freies Aufstellen mehr. Genauso wenn ein anderer Teilnehmer sich ungebeten dominant verhalten sollte und der Organisator nichts dagegen unternimmt, ist es kein Freies Aufstellen mehr. In diesem Moment können Sie dann zum Organisator sagen:
„Also, ich dachte, das wäre hier eine Veranstaltung für Freies Aufstellen. Da man aber offensichtlich nicht frei und absolut uneingeschränkt über seine eigene Aufstellung bestimmen darf, ist es nicht wirklich frei. Ich gehe und suche mir ein anderes Freies Aufstellen.“
Oder Sie gehen einfach heimlich, still und leise und suchen sich eine Gruppe, die wirklich so ein Freies Aufstellen durchführt, wie ich es hier beschreibe.
Wenn Sie auf der Suche nach Freiem Aufstellen sind, sollten Sie immer genau prüfen, wie ein Freies Familienstellen oder Freie Systemische Aufstellungen oder Freies Aufstellen in der Einladung oder Werbung beschrieben wird. Denn manchmal kann man schon in der Ausschreibung erkennen, dass es nicht in dem von mir gemeinten Sinne „frei“ abläuft, sondern bereits gewisse Vorgaben gemacht werden. Nicht jedes Freie Aufstellen ist ein Freies Aufstellen, wie ich es hier beschreibe.
Wenn allen Beteiligten in jedem Moment klar ist, dass der Aufsteller jederzeit absolut freie Entscheidungen über seine eigene Aufstellung fällen darf, dann ist ein „freier Rahmen“ vorhanden. In diesem freien Rahmen kann auch eine intensive Führung von einem Teilnehmer oder Organisator übernommen werden, wenn der Aufsteller denjenigen dazu aufgefordert oder nichts dagegen hat.

Damit die folgenden Begriffe geordnet und klar bleiben, erkläre ich sie noch einmal:
Der Organisator/die Organisatorin ist derjenige, der die Veranstaltung organisiert.
Der Aufsteller/die Aufstellerin ist ein Teilnehmer/eine Teilnehmerin der Veranstaltung, der/die gerade ein eigenes Thema mithilfe von Stellvertretern aufstellt.
Der Stellvertreter/die Stellvertreterin ist ein Teilnehmer/eine Teilnehmerin, der/die für das Rollenspiel in der Aufstellung zur Verfügung steht.
Der beobachtende Teilnehmer/die Teilnehmerin ist nicht aktiv an einer Aufstellung beteiligt sondern beobachtet von außen in der Gruppe sitzend.
Der Chef/die Chefin einer Aufstellung ist immer der Aufsteller, der die freie letztendliche Entscheidungsgewalt über seine eigene Aufstellung hat, egal, ob er sie leitet oder nicht.
Der Leiter/die Leiterin einer Aufstellung kann jeder sein, sowohl der Organisator als auch der Aufsteller selbst oder ein Stellvertreter oder ein außen sitzender Teilnehmer, der sich für die Leitung zur Verfügung stellt. Sucht sich der Aufsteller einen Leiter aus, dann ist dieser Leiter vom Aufsteller „angestellt“ und leitet aus der zweiten Position heraus, ist also dem Aufsteller immer untergeordnet und kann jederzeit von ihm wieder entlassen werden.
Und um die komplizierte Schreibweise „Aufsteller/in“ zu vermeiden, benutze ich üblicherweise bei allen Begriffen immer die männliche Form.

 

Verdeckt oder offen?

Wir waren oben davon ausgegangen, dass Sie zu mir in den Workshop gekommen sind. Nun wissen Sie schon ein wenig, was Sie erwartet und dass Sie mit Ihrer Unerfahrenheit nicht ganz alleingelassen werden. Sie können mithilfe Ihres Bauchgefühls immer frei entscheiden und werden gleichzeitig durch Angebote, Vorschläge und Meinungen unterstützt, wenn Sie es so wollen.
In meinen freien Workshops biete ich das „Du“ an. Ich habe bisher noch kein Familienstellen erlebt, in dem sich die Teilnehmer nicht duzen. Deswegen möchte ich auch hier im Buch nun zum Du übergehen. Auf diese Weise tauchst du gleich noch tiefer in die Aufstellungsatmosphäre ein und kannst dich beim Lesen des Buches besser in alles hineinversetzen. So ein Hineinversetzen unterstützt effektiv den Kennenlernprozess.
Angenommen du hast noch nie aufgestellt, dann sagst du nun zu mir:
„Olaf, ich hab so etwas noch nie gemacht. Könntest du mich bitte am Anfang unterstützen?“
„Klar, mach´ ich.“
„Was kann ich jetzt tun?“
„Du kannst verdeckt, halbverdeckt oder offen aufstellen. Wie entscheidest du dich?“
Hier siehst du, dass ich dir Möglichkeiten anbiete und dir die Entscheidung nicht abzunehmen versuche. So mache ich es immer und so bleibt es für dich frei.
Du antwortest jedoch:
„Ich weiß nicht so recht. Was würdest du denn empfehlen?“
Da ich dich nicht wirklich kenne, kann ich auch keine Empfehlung aussprechen. Ich weiß im Grunde nie, was für einen anderen Menschen „gut“ wäre. Ich kann so etwas immer nur vermuten und mich jederzeit irren. Daher gebe ich keine Empfehlungen, sondern ich helfe, dass du dich selbst besser entscheiden kannst. Zunächst mache ich dir den Vorschlag, dich nach deinem Bauchgefühl zu richten. Wenn du aber im Moment kein entsprechendes Bauchgefühl wahrnehmen kannst, gebe ich dir mehr Informationen und erkläre noch genauer, was meiner Erfahrung nach eventuell die Folgen der verschiedenen Formen wären.

Meine Erfahrungen mit verdecktem Aufstellen: ....

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